Der Sprung, den Sam in den letzten Wochen gemacht hat, ist unglaublich. Da macht man mal eine Blog-Schreib-Pause und muss eigentlich sein Kind neu vorstellen. Er ist ein kleiner Junge, nix mehr Kleinkind, eher Vorpubertät. Wie sich das äußert? So:
Sams Launen decken die ganze Farbpalette ab. Er kann unglaublich entzückend sein oder ein totaler Stinkstiefel. Aber vor allem ist er um einiges unabhängiger, hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berg und ist frech wie Rotz.
In London waren wir kurz vor Weihnachten in der Kinder-Weihnachtsshow „ Santa Claus and the magical christmas journey“. Die Show handelt von den frechen Elfen Kara und Charlie, die sich einfach in den Schlitten vom Weihnachtsmann gesetzt haben, weil sie keine Lust mehr hatten, nur Geschenke zu basteln, sie wollen sie auch mal höchstpersönlich verteilen. Sam ist total gebannt. Er singt alle Lieder mit (ich war ganz erstaunt, dass er die ganzen englischen Leider noch aus dem Kindergarten kannte) und als der Weihnachtsmann fragt, was sich alle Kinder wünschen, brüllt er am schnellsten und am lautesten: „LEGO STARWARS!!!!“ Die Lacher waren ihm sicher.
Aber er hat auch von Anfang an ein Auge auf die Elfe Kara geworfen. Eine dunkelhaarige, wirklich hübsche Frau Anfang 20 mit einer glasklaren Musicalstimme. Das Stück ist vorbei und Sam dreht sich zu mir: „Mama, ish muß dir was flüstern!“ und dann lispelte er mir ins Ohr: „Ish muss Kara elf eine hug geben!“ Dann steht er auf und schiebt sich zielstrebig an allen vorbei, die auf dem Weg zum Theaterausgang sind. Er stürmt auf die Bühne und schmeißt sich in die Arme der Elfe Kara, die völlig überfordert stottert: „Oh, that was unexpected“. Sam aber ist glücklich, ruft dem Elfen Charlie noch ein „Happy Christmas“ zu und stapft zurück zur Garderobe. Das hätte der sich vor ein paar Monaten noch nicht getraut.
Vor ein paar Tagen sitzt er auf dem Klo und ruft: „MAMA, ish muss dir was sagen!“ und als ich dann komme, winkt er mich heran. Noch während er gemütlich auf dem Klo sitzt umarmt er mich und flüstert er mir ins Ohr „L love you, Mom, du bist die beste Mama der Welt!“ Ich bin zu Tränen gerührt, da pupst er und sagt: „Fertig!“
Die andere Seite der Farbpalette sieht dann dafür so aus:
Gestern Abend sitzen wir beim Abendessen. Sam schon latent knatschig, weil müde. „Ish muss Pipi“, sagt er und steht auf und schleicht zur Toilette. Wobei das Wort schleichen ja eine Geschwindigkeitsbeschreibung ist. „Sam, geh mal ein bisschen schneller, wenn du so musst!“, rufe ich ihm hinterher.
Und dann bleibt er in der Tür stehen und ich denke noch „Der pischert doch jetzt nicht ein??“, aber genau das tut er. Er dreht sich seelenruhig zu mir um und zuckt mit den Schultern: „Eingepullert. Ish bin so schnell gelaufen wie ich konnte. Ehrlisch“ Und grinst dabei über beide Ohren. GEHT’S NOCH?? Ich schimpfe „Mann, Sam das ist doch jetzt echt unnötig gewesen!“, er grinst weiter.
Aber der Abend ist noch nicht vorbei. Es ist Zeit ins Bett zu gehen. Die Auswahl der Kuscheltiere, die heute bei ihm schlafen dürfen, dauert eine halbe Ewigkeit. Die Auswahl der Kissen noch länger. An welche Stelle er sich ins Bett legt und wie herum gedreht, mit welcher Decke, mit oder ohne Schlafanzughose, mit oder ohne Socken, Tür halb auf oder doch zu, das alles raubt mir den letzten Nerv. „Sam, es reicht! Es ist 9 Uhr, ich bin müde, du bist müde. Jetzt wird geschlafen.“
Er gähnt, kuschelt sich in seine Kissen (nicht ohne sie nochmal richtig zu drapieren) und säuselt dann: „Ach, Mama, ish bin sooo müde. Jetzt kann ish ganz schön und friedlich schlafen. Und dann habe ish schöne Träume. Ish träume…“
„SCHLAFEN. JETZT“, fauche ich. Er: „Das kann man auch nett sagen, Mama“. Touché.
Wenn ihr glaubt, dass es jetzt schon vorbei ist, dann habt ihr euch geirrt. Sam möchte dann doch lieber ohne seine Kuscheltiere schlafen („die schnarchen“), ich packe die Tiere und werfe sie auf den Stuhl neben dem Bett. „Mama, du hast Pyssen (Stoffhund) wehgetan. Du musst dich entschuldigen! Sag, dass du sorry bist.“ Ich steige idiotischerweise auf den Machtkampf ein. Das Ganze endet 10 Minuten später mit einer Entschuldigung meinerseits bei einem STOFFhund.
Jetzt liegt er endlich in der richtigen Position, auf der richtigen Seite, mit den richtigen Tieren und Kissen. Es ist 21.30. Jetzt MUSS er schlafen. Er konnte doch kaum noch gerade stehen. Ich bin auf jeden Fall schon kurz vorm Einschlafen, da höre ich: „Mama, wieso mussten wir an Silvester schon um 3 Uhr ins Bett? Ben und ish wollten noch spielen.“ Ich glaube es nicht. Tatsächlich hat Sam an Silvester, dank dreistündigem Mittagsschlaf bis morgens um 3.30 Uhr durchgehalten. Und während ich dann wirklich reif fürs Bett war, waren er und der Nachbarsjunge Ben noch top fit. „Es wird jetzt GESCHLAFEN!“, aus dem Fauchen ist ein gurgelndes Zischen geworden.
Er kruschtelt noch ein bisschen vor sich hin. Dann höre ich ihn leicht schnarchen. Endlich. Ich will mich gerade aus dem Bett bewegen, da höre ich: „Mama, I am thirsty! Ish habe soo eine Durst. Ich vertrinke fast!“
Er greift zum Wasserbecher neben dem Bett, leert ihn in einem Zug und kuschelt sich wieder ein. „Holy cow!“, grunzt er noch, bevor er dann wirklich endlich einschläft. Ich muss mir ein Lachen verkneifen und bin natürlich schlagartig wieder in ihn verliebt. Wenn der nur nicht so lustig wäre…
Aber ganz ehrlich? Ich habe Angst. Er ist erst 5 und hat schon so was von Oberwasser. Wie soll das nur in der richtigen Pubertät werden?
Tags: Erziehung Mutterwürde
20 Comments
Wie es erst in der Pubertät werden wird?? Nun, wie mir einer, der beruflich nahe an der Quelle sitzt verriet, wird es dann folgendermaßen: „Also M., wenn deine Jungs in der Pubertät sind, dann kannst du dich entspannt zurück lehnen. Denn dann wird es rund gehen zwischen deinem Mann und den Jungs. Du bist raus aus dem Spiel!“ Auf mein ungläubiges Gucken hin: „Doch doch, wird so sein! Der Kriegsschauplatz ist dann nicht mehr deiner. Dann geht es darum, wer von den Männern die dicksten Eier hat…“ Aha. Und das soll ich glauben?! So ein Narr! Eher vermute ich, daß der Hauptkriegsschauplatz zwischen den Männern sein wird, der Nebenkriegsschauplatz aber zwischen den Eltern. Oder habt ihr je erlebt, daß es in der Familie rund geht und man als Mutter außen vor ist??
Das ist auf jeden fall ein Ammenmärchen! Ich bin da ganz bei Dir!
Hallo Lucie!
Ich ‚kenne‘ dich erst seit ein paar Tagen und bin durch den Spirit Yoga Newsletter auf dich aufmerksam geworden, liebe aber jetzt schon deinen Block – so schön aus dem Leben zitiert..;)
Wir haben hier auch einen 4,5 jährigen und der hat es auch Faust dick hinter den Ohren!!
Versuche es auf jeden Fall mal zu deiner Lesung zu kommen, bis dahin habt eine gute Zeit!
LG – Sofia
Oh wie toll! Ich freu mich, wenn Du kommst! Bring ganz viele Freundinnen mit! Happy day!
liebe Lucy ich habe in der Bahn auf den Weg zur Arbeit Tränen gelacht und bin mir ganz sicher das steht mir in ein paar Jahren auch bevor,mein kleiner Strolch wechselt gerade vom Baby zum Kleinkind.
Ich danke dir für diesen schönen Start in den Tag & freue mich schon aufs zweite Buch!
Sag bescheid,wenn man es vorbestellen kann;-)
Lg Rebekka
Mit Lachen zur Arbeit ist ein riesen Kompliment! Danke! Mein Tag startet jetzt auch sensationell mit so einem Kommentar!
Buch 2 gebe ich erst im Herbst ab und wird nicht vor 2016 rauskommen, aber das werde ich gebührend rumposaunen. Bis dahin musst du Buch 1 lesen!
Happy day!
Meine Töchter (6 und 9) sind seit ihrer Geburt in der Pubertät. Ich glaube sehr fest daran, dass die „echte“ Pubertät daher nicht stattfinden wird. Was soll ich auch sonst tun?
Völlig richtig. Ansonsten hilft nur beten und Gin Tonic.
Meine Tante, die mich als Kind viel betreuut hat und als Teenie im Haus wohnen hatte, meinte zu mir “ Du warst als Kind nicht so schlimm wie deine Mädchen jetzt…..aber dafür in der Pubertät. Vielleicht sind deine dann gar nicht so schlimm in der Pubertät wie du? Ansonsten viel Spaß“…..Haha……das sagte sie übrigens bevor meine fast 10jährige Cousine anfing, pubertär zu werden 😛
Liebe Lucie,
meine Tochter ist 8 und pünktlich mit der Einschulung in die Vorpubertät geraten. Zickenterror wechselt mit zuckersüßer Hilfsbereitschaft. Einerseits hält sie sich für das tollste, erwachsenste Mädchen der Welt aber eine Mathe-Aufgabe reicht und sie denkt, sie ist das dümmste Kind der Welt. Und wenn ihr Kopf nicht angewachsen wäre, würde sie diesen auch noch vergessen.
Ihr Bruder ist 6 und bekommt jede Stimmungsschwankung ab. Ich würde sagen, ein gutes Training für später. Er hat jedenfalls gelernt, die Zickereien zu ignorieren. Manchmal ignoriert er seine Schwester auch, wenn sie lieb ist. Was sie wieder zur Zicke werden lässt. Eine Diva ignoriert man nicht.
LG Tina
Du hast da grad meine 5jährige beschrieben ! Seufz ! Sie brach zu einer Woche beim Papa auf und kam vorm Jahreswechsel als kleiner, motzender Teufel wieder !
Selbst die 7jährige Schwester fragte gestern “ War ich auch so schlimm mit 5?“…..ja….aber ganz anders…..
Vorgestern und gestern haben wir Nachmittags im KiGa einen 30 minütigen Kampf gehabt, warum sie schon abgeholt wird-sie will nicht mit. Das volle Programm mit auf den Boden werfen, heulen, toben. treten etc….vor ihren Freunden, Erziehern, Eltern….Egal sie war stinkig
Bitte lass das ganz schnell wieder aufhören….oder zumindestens wieder das normale Level bitte
Seufz !
Guten Morgen und tja was soll ich sagen…….erstmal NEIN wir Mütter sind nicht raus 🙂
Mein Sohn ist 15 und schwankt zwischen ich liebe dich Mami und du bist das nervigste was mir je passiert ist. Wir haben Glück und haben einen sportlichen, entspannten, chilligen Sohn der, dass muss man ja leider heute so sagen, noch ohne Alkohol und Zgaretten leben kann und will 🙂 Aber mit ein paar Macken wie z.B. wir besprechen am Morgen das Essen für den Abend. Abends fertig gekocht kommt von ihm ein lässiges ..ach ne da hab ich kein Hunger drauf! Und so geht das seit Wochen. Memo an mich, ich koche nur noch was mit gefällt! Ansonsten knallen gerne die Türen zu ….wegen „Schlampigkeit im Zimmer“ oder den ständigen nervigen Erinnerungen an Haushaltsarbeit von mir…danach hat er mich aber wieder lieb. Also im Grunde genommen…SAM nur etwas Größer 🙂
Oh, welch unterhaltsamer Start in den Tag! Danke dafür – das macht echt Lust auf Dein Buch.
Meine Töchter sind erst 3 und 1 und demnach wohl in der Vorvorpubertät. Ich betrachte es mal als Müttertraining – je länger man damit Übung hat, umso besser vorbereitet sind wir dann wohl, wenn die Show richtig beginnt 😉 Ich glaub einfach ganz fest daran… 😉
Übrigens, meine Mädels wachsen auch zweisprachig mit Denglish auf und bevorzugen ebenfalls beharrlich, von „hugs“ zu sprechen 🙂 – Das Wort ist allerdings auch deutlich leichtgängiger als „Umarmung“, da muss ich den Kindern zustimmen…
Oh Gott,Lucie,meine Zwillinge sind 19 Monate alt und wir sind mitten drin im ersten Machtkampf…
Nur noch 16 Jahre… hahaha 😀
Same same but different im Chaoshaus und sehr tröstlich, dass ich gestern Abend nicht allein völlig übermüdet darauf gewartet habe, dass der werte Nachwuchs nun bitte endlich mal schlafen möge. Wir hätten derweil chatten können, oder so 😉
Aber musstest Du den Gedanken an die Pubertät wirklich aussprechen? Bislang rede ich mir noch recht erfolgreich ein, dass meine kleinen Minimänner immer so süß bleiben und Mama die einzige Frau bleibt, der sie im den Hals fallen und ihr sagen „Du bist die beste Mama der Welt. Ich habe Dich auch ganz doll lieb“ (der Große) oder „Mama lieb“ bzw. oh Wunder seit dem englischen Kindersingen „give a hug“ (der Kleine).
Vielleicht sollten wir die Zeit einfach genießen, in der sie noch von uns ins Bett gebracht werden wollen…
Liebe Lucie,
Du hast ja keine Ahnung, was UNSER 5-jähriger Pubertierender von sich gibt. Z. B. „Mama, gell, die Pipimänner von x und y sind viel kleiner als meiner?!“…geht’s noch? Fängt das jetzt schon an?
Er prollt auch ständig herum, im Sinne von „Ich habe viel mehr Lego als Du!“ oder „Ich kann viel schneller laufen“… Da schäumt das Testosteron quasi über…
LG
Anke
Liebe Anke, es bleibt einem aber auch nichts erspart. Ich habe Sam gerade von der Kita abgeholt ud er sagt allen Ernstes: „Mama, weißt Du wer die Welt gebaut hat? ICH!“ Jetzt wird er auch noch Größenwahnsinnig. Anscheinend muß man da durch….
Hey Lucie,
ich liebe dein Kind!!! 🙂
Die Sprüche sind echt große Klasse, ich lach mich jedesmal schlapp. Wenn meiner (15 Monate) so weitermacht, wird er genau so ein kleiner liebenswerter Lausbub wie „Sam“. Alles richtig gemacht!!!
Schöne Restwoche!
Liebe Grüße
Sabrina
Meiner ist zwei und heute – trotz oder gerade wegen mehrerer Warnungen – zielstrebig und bis über beide Ohren grinsend in einen riesigen Hundehaufen getrampelt. Sein Kommentar:“Mama, muss tu ableckern!“ Na dann, guten Appetit!
Ich liebs! Danke für diesen Post!
ich hab einen 2.5 Jährigen zu Hause – und es geht mir mit ihm nicht viel anders… und auch ich blicke immer wieder in de Zukunft und „hab Angst“… 🙂
Wir machen das schon.