Spielplätze sind mein persönlicher Alptraum. Besonders unter der Woche ab 16 Uhr. In Mitte sind sie dann meistens elendig überfüllt. Man quetscht sich mit 34 überdrehten Kindern und den dazu gehörigen Aufsichtspersonen (95 % Mütter, 5 % Väter) auf ein kleines mit Sand aufgeschüttetes Areal, umgeben von ein paar lausigen Büschen.
Die Kinder brüllen („Der hat mir meine Schaufel weggenommen“), die Mütter auch („Gib dem kleinen Mädchen sofort seine Schaufel wieder“).
Zwischendrin steht man mit seinem Kind an der Schaukel in der Schlange an. Nicht nur, dass noch 4 Kinder vor einem dran sind, nein, der kleine Fridolin will seit 7 Minuten nicht von der Schaukel. Aber Fridolins Papa nimmt ihn nicht etwa einfach runter, nein, er diskutiert den Sachverhalt erst einmal mit seinem vollkommen übermüdeten Dreijährigen aus. Und der Dreijährige tut das, was ich am liebsten tun würde: Er brüllt seinen Vater an.
Nach der Kita versuche ich Sam immer möglichst viele Angebote zu machen, damit wir nicht auf den Spielplatz müssen: „Sam, wir könnten auf den Friedhof gehen. Da liegen Kastanien rum und die können wir dann gegen die Kapelle werfen.“ Oder ich besteche ihn mit Eis und Gummibärchen und der Aussicht, dass er zu Hause ganz lange baden kann und das Bad unter Wasser setzen darf.
Neulich half das alles nichts. Wir landeten auf einem kleinen Spielplatz, der wundersamer Weise mit nur drei Kindern besetzt war – also, quasi leer! Sam rannte sofort los und setzte sich neben ein Mädchen in den Sand. Die beiden fingen an zu spielen und ich hatte Ruhe. Herrlich. Das war ja mal eine ganz andere Erfahrung! Ich döste in der Herbstsonne und dachte: So lässt es sich aushalten…
Ein kleiner ca. vierjähriger Junge schlich mit einem Sandförmchen auf mich zu: „Moachsst Du ei Kuchen esse?“
Ich verstand ihn kaum mit seinem Schweizer Dialekt. Aber man will ja freundlich sein und die Schweizer haben ja eh kein gutes Bild von uns, darum dankte ich und tat so als ob ich reinbeiße. Er ging wieder. Keine 30 Sekunden später stand er wieder vor mir: „Moachst du noch a kuche esse?“
Ich wurde etwas unruhig. Ich wollte hier einfach nur in Ruhe sitzen. Sam war beschäftigt und wer konnte schon sagen wie lange noch. Ich schaute ihn also an und sagte sehr bestimmt: „Nein danke, und soviel Süßes soll man ja auch gar nicht essen.“ Dann drehte ich mich etwas weg und zückte mein Handy, um beschäftigt zu wirken. „Iest aba goar nicht soviel Zucha drin“, der schweizer Bäckergeselle blieb hartnäckig. Ich nahm schnell noch einen Biss. Vielleicht war ich ihn dann los. 30 Sekunden später stand er wieder auf der Matte: „Noach a bisschen?“ Ich dachte ich spinne. Ich geh doch nicht auf dem Spielplatz um die Kinder anderer Leute zu bespaßen!
„Wo sind eigentlich deine Eltern? Willst du denen nicht mal einen Kuchen backen. Ich muss jetzt arbeiten“, fauchte ich ihn an. Er war noch nicht mal eingeschüchtert, er schaute mich nur verächtlich an. Aber wenigstens ging er. Keine zwei Minuten später stand Sam auf der Matte und wollte schaukeln. Das Ende vom kurzen Paradies.
Als Marc, Sam und ich gestern Abend noch eine kleine Runde drehten und der Kleine noch mal auf den Spielplatz wollte, winkte ich ab, wurde aber überstimmt. Ich fügte mich murrend. Der Spielplatz war aber zum Glück leer und Marc kam auf die grandios Idee, uns einen Sundownder zu holen. Kurz darauf trank ich also meinen Aperol Spritz, und saß in der Abendsonne. Und während ich mich leicht beschwipst auf der Bank lümmelte, spielten Sam und Marc an der Rutsche. Das war ein ganz neues Konzept von „Auf den Spielplatz“ gehen! So lässt es sich aushalten. Ich probiere das morgen Nachmittag noch mal aus. Alkohol ist also doch eine Lösung!
Tags: Erziehung Nervensägen
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