Sam liebt Geschichten. Wenn es nach ihm ginge, dann könnten wir ihm pro Tag 8 Bücher vorlesen, oder noch besser, wie ein wandelndes Hörbuch neben ihm her laufen. Dabei ist es nicht so, dass er sich nur berieseln lässt, nein, er greift gerne mit in die Handlung ein. Wie heute morgen um 7.12 Uhr:

„Mama, erzählst du mir eine Schichte?“, Sam hatte mal wieder bei uns im Bett geschlafen. Er hat noch nicht ganz die Augen geöffnet, aber anscheinend kann man mit Geschichten nicht nur gut einschlafen, sondern auch gut aufwachen.

„Gib mir mal bitte ne Minute, Süßer, ich muss erst mal wach werden“, murmele ich zurück. Sam rollt sich auf mich: „Die Schichte von den Meersweinchen und der mean cat.“ Ich habe keine Ahnung wovon er redet. „Doch, Mama und dann kommt der Dino und chased die Cat und die Meersweinchen!“

Ich weiß noch immer nicht wovon er redet. „Marc, weißt du welche Geschichte er meint?“  „Nein“, grunzt der zurück und zieht sich die Decke über den Kopf.

„Okay, Sam“, murmele ich im Halbschlaf mit noch geschlossenen Augen, „Also, da waren diese Meerschweinchen…“

„Das waren Mama Meersweinchen, Papa Meersweinchen und Babymeersweinchen!“, wirft Sam ein.

„Genau“, murmele ich, „also eine Meerschweinchen Familie…“ ich spreche extra langsam und hangele mich an den Wörtern entlang.

Erstens bin ich noch echt müde (gestern wieder zu lange „House of cards gesehen… die Serie ist aber auch sau gut!) und außerdem weiß ich überhaupt nicht, wo ich mit der Geschichte hin will. „Und die sitzen also in ihrem Käfig“, erzähle ich weiter. Allerdings komme ich nicht weit, denn Sam hat schon wieder einen Einwurf: „Nein, Mama, da kommt die mean cat und macht den Stall auf und isst alle auf.“ Wie krass! Mord und Totschlag schon am frühen Morgen. Ich hätte die ja erst mal ein bisschen spielen lassen.

„Aha, okay“ murmele ich, „und dann?“

„Dann ist die mean cat ganz lieb und wird eine Mama cat. Gaaanz süß, Mama.“ Sam kommt richtig ins Schwärmen. Ich will ihn da nicht unterbrechen, sondern nutze den Moment, um noch mal zu dösen. Das hält allerdings nicht lange: „Mama“, Sam sitzt jetzt und an der Stimmlage ist zu hören, dass es jetzt dramatisch wird, „und dann kommt der Dino!“

Ich bin sofort wieder wach. „Alles klar, der Dino und der jagt dann die arme Katze?“

So langsam verzweifelt Sam an mir: „Nein, Mama, das ist ein Branchiosaurus, die sind lieb. Nur die Diplodopus sind böse.“

Jetzt bin ich auch wach. Woher kennt der denn diese Begriffe? Und vor allem: Wieso spricht er die so tadellos aus? Das Dinosaurierbuch haben wir erst seit zwei Tagen und ich kriege jedes Mal einen riesigen Knoten in der Zunge und Schweißausbrüche, wenn ich es vorlesen muss.

„Und dann gehen alle in den Käfig und kuscheln und trinken eine warme Mimi“, beendet Sam die Geschichte abrupt, „Mama, will auch eine warme Mimi.“

Diese Gemütsschwankungen machen mich fertig. Erst killt er die halbe Tierwelt und dann will er eine warme Mimi. Ich bin jetzt schon gerädert, die Nacht war zu kurz, die Geschichten am Morgen zu blutig. Ich glaube, ich muss Sam mal Biene Maja oder sowas in der Art vorlesen. Ansonsten kriege ich noch Alpträume. Habt ihr Buchvorschläge für mich?