Sam liebt es, Geschichten erzählt zu bekommen. Das findet er sogar noch besser, als wenn ich ein Buch vorlese. Aber irgendwie komme ich nie weit beim Erzählen, weil er mich immer unterbricht…
Gestern Morgen liefen wir zum Kindergarten. Er auf seinem Scooter, ich zu Fuß. Da entdeckt Sam mehrere Gärtner, die gerade dabei sind, einen großen Baum zu stutzen. „Mama, what machen die there?“ Ich fange an ihm zu erklären, warum man Bäume stutzt: „Weil die Äste zu schwer werden…“
Sam setzt sofort ein: „Oder weil die tree eine backache hat!“ „Ja, zum Beispiel! Genau, der Baum hat Rücken!“ Sam ist sofort Feuer und Flamme: „ Mama, and then comes Mr. Sam and was macht der dann? Kannst du mir eine Geschichte erzählen?“
Und jetzt bin ich dran. Verschlafen, um 8.30 und ohne Kaffee soll ich eine Geschichte von Mr. Sam und seinen Freunden erzählen: Mr. Pyssen (sein Stoffhund), Mr Owl (seine Stoffeule) und manchmal darf auch noch ein Dinosaurier mitmachen. Heute allerdings nicht.
„Okay“, fange ich an, „Mr .Noah ging morgens die Straße entlang…“
„Yes“, unterbricht mich Sam, „und dann hat die tree ‚Help!, help!’ geruft! ‚Help! My Äste sind toooo long!’ Und dann hat Mr. Noah snell auf die Baum geklettert and die Äste gecut!“ Er ist ganz glücklich und strahlt. „Und dann, Mama? Erzähl weiter!“
„Äh, na dann lagen da alle Äste und der Baum war sehr glücklich, dass er keine Rückenschmerzen mehr hatte“, nehme ich den Faden wieder auf.
„Und da get Mr Noah eine gute Idee“, fällt Sam mir wieder ins Wort, „he builds mit die Ästen eine Tree – house und kann er mit Mr. Pyssen und Mr Owl alles sehen! Kensington Palace und das Pirate boat und die Queen!“
„Aha, das ist doch eine schöne Idee“, versuche ich mich wieder in die Geschichte einzufinden. Aber ehrlich gesagt, besteht meine Beteiligung nur noch aus wortlosem Nicken, denn Dramaturg Sam hat sich in Rage geredet.
„Und dann, Mama“, und er kichert vor sich hin, „hat Mister Pyssen eine gute Idee. He and Mr. Owl nehmen eine Pupskissen und fliegen zu die Queen und tun es auf den Stuhl. Und dann setzt die Queen sich auf die Kissen und ‚PUUUUUUUUPSS!’! Und dann macht sie ‚Hä? Was war das?? Who was so naughty??’ Und Mr Pyssen und Mister Owl und ish fliegen alle mit die Pirateboat weg!“
Wow! Auf die Wendung wäre ich nicht gekommen. Aber warum nicht? „Das war eine gute Geschichte“, lobt mich Sam, “ein bisschen kurz, Mama.“ Äh ja, sicher. Und dann laufe ich wieder zurück nach Hause und denke: „Mir wäre das nie eingefallen. Die Muse eines großen Erzählers zu sein hat auch etwas Schönes.“
Tags: Mütter Sam fragt
8 Comments
Was für ein wunderschöner Post! Manchmal beneide ich wirklich die kindliche Fantasie. Bin schon gespannt, was sich mein Henri einmal für Geschichten ausdenken wird.
LG Verena
ach Gott war das süß !
Grüsse nach England
Liebe Lucie,
absolutely lovely!
Und falls irgendjemand daran zweifeln sollte, dass es sich so zutrug: ich habe auch so einen Fantasten, der einen keinen Satz beenden läßt und mehr oder weniger die Dramaturgie selbst in die Hand nimmt.
Mit zweieinhalb vielleicht noch nicht ganz so ausgefeilt, aber schon sehr bestimmt!
God bless the Queen, wenn ihr das Pupskissen unterkommt 😉
Lg Gabriella
Prince Philip faende das Pupskissen bestimmt sehr gelungen… 🙂
Ich habe das gerade mal meinem Mann vorgelesen und dabei Tränen gelacht.
Warum auch nicht? Dann setzten wir die Queen halt mal eben auf ein Pupskissen 😀
I love him ♥
Habt einen schönen Mittwoch
Hihiii…
Ist doch immer wieder lustig was bei so kleinen Geschichtenerzählern raus kommt.
Bei uns fangen momentan alle Stories mit:“ Gestern, als ich ein Baby war“ an und dann folgen die wildesten Erzählungen =D
Hallo,
ich bin eben durch Zufall auf deinen Blog gestoßen und lese gerade bestimmt schon den 10 Artikel. Du schreibst wunderbar und ich liebe es, wie du das Denglish deines Sohnes wiedergibst. Dass ich mich vor lachen noch nicht verschluckt habe, ist alles. Bitte auf jeden Fall weiter schreiben, Große, große Klasse!
Liebe Grüße
Judith
Liebe Judith,
das freut mich wirklich SEHR, dass Du Dich so festgelesen hast! Willkommen!
Herzliche Grüße Lucie