Sam fand die Kitaferien HERRLICH! Jeden Tag Einzel-Bespaßung von Oma, Babysitter oder Mama und schon am Vormittag Eis. Während ich nervlich am Ende war, strotzte er vor Energie.
Am vorletzten Kitaferientag gehen wir morgens auf den Spielplatz. Ich schlecht gelaunt, mit Kaffee to go in der Hand und auf mein blinkendes Handy starrend, mein Sohn hüpfend und bester Laune. Der Spielplatz ist leer bis auf eine kleine französische Familie: Mama, ein kleines ca. 4 – jähriges rothaariges Mädchen mit ihrem jüngeren Bruder (ca. 2 Jahre).
Ich setze mich auf die Bank und versuche noch schnell ein paar Emails zu beantworten, Sam rennt sofort mit dem Mädchen zum Trampolin. Großartig, das gibt mir bestimmt 10 Minuten Zeit.
Nach 20 Minuten schaue ich mich um. Es ist so verdächtig ruhig. Sam sitzt mit dem Mädchen kichernd auf der Rutsche. Er hinter ihr, die Arme um sie geschlungen und gemeinsam rutschen sie laut lachend herunter. Was habe ich denn hier verpasst? Ich schaue zu der Mutter des Mädchens, die grinsend eine Bank weiter sitzt. „Grand amour!“ ruft sie mir zu. Und tatsächlich Sam ist total verzückt, oder sollte ich sagen verliebt?
Das Mädchen heißt Arielle (OMG, wie die Meerjungfrau!) und ist entzückend mit ihren roten Haaren und den Millionen von Sommersprossen. Ich schaue mir das Spiel der Frischverliebten zufrieden an: Mein Sohn hat eine guten Geschmack!
Was mich allerdings erstaunt ist, dass man sich in dem Alter schon verlieben kann! Ich weiß nicht warum mich das so erstaunt, aber ich dachte diese Art der Zuneigung sei erst ab, sagen wir mal, mindestens 12 Jahren möglich. Ich liege eindeutig falsch.
Arielle muss nach Hause zum Essen. Während ihre Mutter und ich uns für den nächsten Vormittag verabreden, macht Sam sich zum Affen: Er macht Grimassen, hüpft herum und macht alle erdenklichen Faxen. Arielle findet alles brüllend komisch. Wirklich alles. Dass sie nicht dieselbe Sprache sprechen, spielt überhaupt keine Rolle.
Hand in Hand gehen sie noch zur nächsten Ecke, bevor wir nach rechts abbiegen und die französische Truppe nach links. Sam schickt Arielle noch Unmengen von Luftküssen hinterher, die sie kichernd auffängt. WAS IST DENN DAS? Ich gehe mit einem dreijährigen verliebten Gockel nach Hause. Ist das etwa seine erste Kitaferienromanze?
Am nächsten Morgen ist Sam bereits um 7 Uhr wach. „Will Lion – Kostüm anziehe und Arielle meine Police bike zeige.“ Er hüpft aufgeregt von einem Fuß auf den anderen. Vor Aufregung fällt ihm fast der Schnuller aus dem Mund. Wir sind erst um 10 Uhr verabredet. Die drei Stunden sind die längsten drei Stunden seines bisherigen Lebens. Meines auch. Er sitzt im Löwenkostüm am Frühstückstisch und bekommt keinen Bissen runter. Ich bin baff. Und gerührt.
Endlich gehen wir los. Im Löwenkostüm fährt er mit seinem Polizei – Fahrrad vor mir her. „Wenn Arielle Angst habe, dann ziehe ich Lion-Kostüm aus“, ruft er mir zu. Vorsorglich hat er noch sein Piratenkostüm mitgenommen, falls sie sich auch verkleiden will. Arielle ist tatsächlich etwas irritiert, als sie ihn im Löwenkostüm sieht. Als Pirat verkleiden will sie sich auch nicht: „Princesse“ ruft sie enttäuscht, als sie es sieht. „Mama“, sagt Sam ganz ernst und zuckt mit den Schultern „doof, habe kein Princess Kostüm.“ Ohje, steht uns die erste Beziehungskrise bevor?
Nachdem Sam sein Kostüm ausgezogen hat („Mama, switze like crazy“ – kein Wunder bei den 33 Grad im Schatten), ist die kleine Verstimmung vergessen. Sie liegen gemeinsam in der Hängematte, die jemand im Park aufgehängt hat und kuscheln. „Mama, kannst du zumachen?“
WIE BITTE? „Äh, wieso soll ich denn die Hängematte zuhalten?“ Mir wird heiß. Verliebt hin oder her, DAS ist eindeutig zu früh!
„Wolle Vampire spiele!“, sagt Sam ganz unschuldig, „müsse in dunkel sein.“ Vampire? Wo hat der denn das her? Vampire waren bei uns noch nie Thema. „Princesse“, quietscht Arielle vergnügt, sie hat natürlich kein Wort unserer Unterhaltung verstanden. „Ja genau, Mama, Princesse – Vampire“, wiederholt Sam ganz trocken. Himmel Herrgott! Ich weiß ja, dass die kommende Generation früher anfängt als wir, aber SO früh? Die Hängematte bleibt offen, es wird trotzdem gekuschelt, gekichert und gekitzelt.
Der Vormittag neigt sich dem Ende. Zum Abschied wird weiter geküsst, gewunken, und dann noch mehr Luftküsse verschickt. Arielles Mutter und ich schauen beide gerührt und verzückt auf unser deutsch-französisches Liebespaar.
Als Sam und ich zum den Mittagsschlaf gemeinsam auf seinem Bett liegen, ist er noch völlig bernebelt: „Mama, wille das Arielle in meine Haus slafe. Ich und Arielle slafe in meine Bett und Mama, Papa, Arielle Mama und Arielle Bruder auf Matratze hier.“ Und er zeigt auf den Boden.
„Hm, das könnte etwas eng für uns da unten werden“, wende ich ein. Er hört gar nicht zu. „Mama, musse Arielle wieder sehe.“ Seufzt er. Dann kuschelt er sich an mich und der Schlaf übermannt ihn.
Ich drücke ihn ganz fest an mich, meinen kleinen verliebten Löwen-Piraten-Vampire-Gockel und atme tief seinen unverkennbaren Geruch ein. Genießen, Lucie, denke ich, das geht schneller vorbei als du denkst. Dann fliegst du aus diesem Bett und hier liegt eine andere.
Tags: Kita Liebe
6 Comments
OH. WIE. SCHÖÖÖÖÖÖN! <3
Und so "modern" – sie älter als er 😉
Ja, stimmt! Das war mir noch gar nicht aufgefallen… 🙂
Wie schöööön! Darauf freue ih mich bei Felix (bald zwei) auch schon – und hab gleichzeitig Bammel. Muss ein komisches Gefühl sein, ihn so zu sehen 🙂
Jetzt wäre ein gute Gelegenheit, Sam das mit den Schmetterlingen im Bauch zu erklären. Warum mir gerade jetzt „Mach’s noch einmal, Sam“ einfällt?!? 😉
Sohn (3) hat seine große Liebe im Kindergarten gefunden. Nun hat sie zu einem anderen KiGa gewechselt. Zwei Tage später wachte Sohn schreiend auf: „Ich will zu Romy!“ Ich versprach, dass wir sie am nächsten Tag anrufen würden. Er war sooo aufgeregt, als sie endlich herkam. Sie hatte Tage vorher ausrangierte Unterhosen ihres Bruders für ihn beiseite gelegt und übergab die Tüte voller Stolz. Es war herzzerreißend.
Wie immer – eine tolle Geschichte. Ich lese „Dich“ wirklich gern.