Das Thema Kirche lässt uns nicht los. Gestern kamen wir wieder an der Kirche vorbei (diesmal auf dem Rückweg von der Kita), als Sam mich fragte: „Was kann man mache in church?“
Uih! Gute Frage. Meine Gehirn verkrampfte sich sofort: „Ähh, also man kann da singen, sich hinsetzen und zur Ruhe kommen… ähh… und… ähm… du kannst da auch mit den Engeln reden… obwohl, dafür musst du nicht in die Kirche gehen, das kannst du überall tun…ähh.“ Zum Glück fand Sam die Antwort fürs Erste zufriedenstellend.
Sein Fazit: „Brauche äntjel (angel) für meine zimma, Mama.“
Mir allerdings macht seine Frage ziemlich zu schaffen. Mein Gestottere war ja hochnotpeinlich und spätestens in einem Jahr komme ich nicht mehr so leicht davon. Aber warum stottere ich so, wenn es um die Kirche geht? Wie steh‘ ich dazu?
Ich selbst bin nicht getauft, habe allerdings die ersten beiden Schuljahre auf einer deutsch-spanischen, aber vor allem katholischen Grundschule verbracht. Meine Eltern hatten mit Kirche nichts am Hut, aber auch weiter keine Meinung dazu. Das Thema Glaube und Kirche fand bei uns zu Hause einfach nicht statt. Die Schule lag 100 Meter von unserem Haus entfernt und ich musste keine große Straße überqueren. Das waren schon die Auswahlkriterien. Herrlich unaufgeregt.
In den 80ern aber als einzige Nichtgetaufte auf so einer Schule zu sein, das war alles andere als lustig. Zum Schulgottesdienst musste ich trotzdem mit (Wohin auch sonst mit der kleinen Atheistin? Betreuungsmangel gab es anscheinend schon damals), allerdings musste ich in der letzten Bank sitzen. Ich habe oft versucht, mich nach vorne zu schleichen, vor allem bei der Verteilung der Hostien. Mich interessierte der Geschmack brennend. Schmeckten die wie die Makronen-Oblaten bei Mama oder verlieh ihnen das Weihen noch mal eine Extra-Würze? Ich kannte Esspapier, aber wie wurde aus Jesu Leib denn Esspapier?
Dummerweise wurde ich jedes Mal ertappt und mit den Worten „Lucie, du bist nicht getauft!“ in die hinterste Bank verwiesen. Mein Verhältnis zur Kirche ist darum nicht gerade geprägt von herzlichen, warmen Erinnerungen.
Aber mir gefiel der Gedanke, dass es da oben etwas gibt, das mich beschützt, das mir hilft, wenn ich Angst habe, mit dem ich mich unterhalten kann. Das hatte etwas sehr Tröstliches. Ich habe mir damals zu Hause einen kleinen Altar gebaut, mit Räucherstäbchen und einem riesigen Stapel Oblaten. Ganze Nachmittage habe ich da verbracht, Oblaten gegessen, bis mir schlecht war, und mit meinem Gott gesprochen. Das war schön.
Diesen Gott würde ich Sam gerne vermitteln. Der nicht strategisch denkt, in dessen Club man Eintritt erhält, ohne sich – wie im Lionsclub – seine Mitgliedschaft erkaufen zu müssen, der einfach da ist, egal ob man sich gerade in der Nase bohrt oder im Zwiegespräch mit ihm ist. Aber wo finde ich den nur?
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2 Comments
Genau diesen „Gott“ finde ich auch prima.
Wo wir ihn finden?
In uns selbst 🙂
Yep. sehr richtig. ich weiß nur noch nicht, wie ich das in Worte fasse, ohne das Sam denkt ein Alien wohnt in ihm…