Der dritte Geburtstag! Er ist vollbracht.
Sams Aufregung hatte sich am Tag vor seinem Geburtstag ins Unermessliche hoch geschraubt. Obamas Nervosität kann vor dem Auszählen der Stimmzettel nicht größer gewesen sein.
In der Nacht vor dem großen Tag schläft er erst um 23 Uhr ein, allerdings auch nur mit Papas Hand fest in der seinen. Marc hatte fast Quetschungen an den Fingern. Danach backen wir bis 1 Uhr morgens. Ich widme mich einer tollen Fertigmischung und den Lilifee-Muffins (beides hatte sich Sam selber ausgesucht), Marc (der alte Streber) zaubert irgend so einen grandiosen Apfelkuchen.
Warum haben wir nicht Kuchen beim Bäcker bestellt und trinken jetzt Champagner, während wir uns tief in die Augen blicken und uns von der Nacht vor drei Jahren erzählen? Da diskutierte ich nämlich gerade mit meinen Hebammen Sandy und Mandy, ob ich auch pressen darf, wenn keine Wehen da sind. Statt Champagner zu trinken, dekoriere ich jetzt also Muffins mit rosa Herzen und den Kuchen mit Gummibärchen. Und Marc verbrennt sich die Finger am Ofen.
Um 5.35 steht Sam auf der Matte und will, dass wir sofort Happy Birthday singen und er alle Gummibärchen vom Kuchen essen darf. Die ersten Geschenke (Buch über Fische & T-Shirt mit Fischen und Sesamestreet DVD) werden schnell aufgerissen, aber kaum beachtet. Um 8 Uhr sind wir alle total übermüdet, aber vom Zucker geflasht in Richtung Kita unterwegs. Sam brüllt allen Passanten hinterher: „Habe heute birthday!! Bin krei“ Dazu winkt er wie die Queen.
Nachdem wir Sam in der Kita abgeworfen haben, stehen Marc und ich völlig gerädert vor dem Gebäude. Und das ist ja erst der Anfang. Der Kindergeburtstag am Nachmittag steht uns ja auch noch bevor.
Am Tag vor seinem Geburtstag fing Sam nämlich plötzlich an, wild Leute einzuladen. Man erinnere sich an die endlosen Diskussionen wegen der Gästeliste. Im Hausflur hat er nacheinander alle drei Jungs in seinem Alter (inklusive deren Geschwister und Eltern) eingeladen und dann zwang er mich noch Mara und ihre große Schwester Milla (5 Jahre alt) aus der Kita anzurufen und zu bestellen.
Das Erschreckende dabei ist: er ist genau wie ich. Vor jeder Geburtstagsparty denke ich: „Puhh, muss das sein?“ Auf der Zielgeraden fange ich dann plötzlich an total in Fahrt zu kommen und wenn ich warm gelaufen bin, dann fällt mir durchaus noch ein, meinen Uralt-Freund aus der Grundschule anzurufen …warte mal, wie hieß der noch gleich?
Mittags holen wir Sam ab, damit er seinen „Disco nap“ zu Hause machen kann. Um 14.30 sitzt er aber immer noch völlig gerädert und mit roten Augen in seinem Bett. Marc packt ihn in den Buggy und schon nach 200 Metern ist er eingeschlafen. Wir schleppen ihn ins Bett.
Um 16 Uhr kommen Mara und Milla (die Schwestern aus der Kita), Sam ist noch im Tiefschlaf. Von zwei Mädels geweckt zu werden kommt sehr gut an bei ihm. Sam dreht sofort auf 180. Normalerweise braucht er eine Stunde, um überhaupt den Motor anzuschmeißen, da ist er wiederum wie sein Vater.
Den Rest des Nachmittags erlebe ich im Zuckerflash durch einen Prosecco-Nebel und irgendwie immerzu in Bewegung. Im Fünfminutentakt klingelt es an der Tür: Jesaja mit Mama, mein Bruder Valentin, meine hochschwangere Freundin Bella, unsere Nachbarin Marie mit Sohn Luis und Baby Ben, Sams Patentante Hilly. Zum Glück hat meine andere Nachbarin mit ihrem Sohn Philipp keine Zeit. Die älteren Schulkinder Mimi & Benjamin kommen erst später. Ich bin ja sonst total gegen lange Schultage, heute bin ich voll dafür.
Aber was macht man mit Dreijährigen an einem Geburtstag? Sam wollte unbedingt „toppslage pielen“ (Topfschlagen), allerdings sind er und Milla (die große Schwester von seiner Kitafreundin Mara), die einzigen, die sich ein Tuch um die Augen binden lassen wollen. Das heißt die beiden spielen 8 Runden, während die anderen im Kreis drum herum stehen und zugucken. Dann will Jesaja es doch mal ausprobieren, sitzt aber einfach nur mit Tuch da und sagt: „Sehe nix“. Ja, das ist ja der Sinn der Sache. Aber was machen wir jetzt? Während ich noch überlege, ob ich doch noch „Kindergeburtstagspiele für Dreijährige“ googlen soll, haben die Jungs das Sofa zur Hüpfburg erklärt.
Milla (Maras ältere Schwester) findet die „Babys“ jetzt langweilig und geht in Sams Zimmer, um mit seiner Küche zu spielen. Ich will mir schnell einen Prosecco aus der Küche holen. Marc ist mit den Waffeln beschäftigt. Im Wohnzimmer kracht es. Jesaja und Sam liegen auf der Erde und haben sich in den Haaren. Es geht um irgendein Polizeiauto. Jesajas Mama und ich versuchen den Streit zu schlichten. Allerdings müssen wir uns mit Zeichensprache verständigen, denn Luis schüttet gerade die Körbe mit LEGO auf dem Teppich aus. In dem Moment kommt noch Milla mit allen Utensilien aus der Kinderküche beladen ins Wohnzimmer: „Alleine spielen ist doof, im Wohnzimmer ist es schöner.“ Sie wirft alle Sachen auf den Teppich und geht den Rest der Küchenausrüstung holen.
Die Party läuft noch keine 30 Minuten, die Wohnung ist bereits ein Schlachtfeld und ich habe keinerlei Kontrolle mehr. Der Geräuschpegel lässt vermuten, dass Sam alle drei Gruppen aus seiner Kita eingeladen hat. Da hilft nur Alkohol. Marc drückt mir einen Prosecco in die Hand, wir prosten uns zu und kippen den Inhalt beide auf ex runter.
Wie verabredet werden die meisten Kinder gegen 18.30 abgeholt. Um 19 Uhr sitzt Sam total überdreht in seinem Zimmer und wirft mit den Geschenken um sich, Hilly liegt apathisch auf der Couch und Valentin hängt im Sessel, Bella hatte sich schon längst mit den Worten “Ihr wollt doch keine Sturzgeburt“ verabschiedet.
Trotz warmer Badewanne und fünf Gute-Nacht-Geschichten schläft Sam erst um halb zwölf ein. Hilly und Valentin haben da schon längst das Weite gesucht. Marc und ich hängen wie zwei nasse Mehlsäcke auf der Couch und trinken lauwarmen Prosecco aus der Flasche „Wer einem ‚Viel Spaß beim Kindergeburtstag‘ wünscht, der hat noch nie einen ausgerichtet“, sagt Marc und nimmt einen großen Schluck.
Am nächsten Morgen steht Sam um 6.45 Uhr völlig verwirrt bei uns im Zimmer: „Mama, wo isse meine birthday hin?“ Ich würde sagen, das ist sein erster Partykater. Marc muss arbeiten, Sam und ich verbringen den Vormittag im Pyjama und schauen Mickey Mouse. Um 12 Uhr legen wir uns beide noch mal aufs Ohr. Schließlich muss ich ihm ja auch beibringen, wie man mit so einem Partykater umgeht.
Tags: Leben waterloo
2 Comments
Kindergeburtstage sind der Vorhof zur Hölle. Ich bin immer noch traumatisiert von unserem letzten, und der war im April! 8 sechs- bis siebenjährige Jungs, die meinten bei uns im Wohnzimmer Fussball zu Spielen sei voll okay. Schnell den Ball weggenommen, saß der Nächste in der Babyschaukel, die grade noch das Gewicht von Zweijährigen aushält. Die Pickser von der Kinderbowle wurden von den Jungs, kombiniert mit Strohhalmen zu Blasrohren umfunktioniert. Der Kuchen wurde verweigert, die Spiele sabotiert. Dazwischen noch unsere zwei Kleinen, die auch bei Laune gehalten werden wollten…Ich versteh dich so gut!
Liebe Grüße!
Kindergeburtstag ist wie zwei Mal abgebrannt!! Im Anschluß übergangslos empfehlenswert: Reha für die geschundenen Eltern, Tine Wittler für die Hütte – oder was davon noch übrig blieb.